Die Anforderungen an digitale Lernangebote werden höher – und zwar nicht nur beim Inhalt, sondern auch beim Rechtlichen. Durch das BGH-Urteil vom 12. Juni 2025 (Az. III ZR 109/24) ist die ZFU-Zertifizierung wieder wichtig geworden. Das Urteil ist ein Zeichen für die ganze Weiterbildungsbranche. Besonders betroffen sind die Anbieter von E-Learning-Kursen, die als Fernunterricht gelten.
Das FernUSG trat bereits im Januar 1977 in Kraft und regelt, wann ein Kursanbieter staatlich zertifiziert sein muss. Damit dieses Gesetz greift müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
Sind alle diese Kriterien erfüllt, fällt das Angebot des Kursanbieters unter das FernUSG und muss entsprechend der gesetzlichen Grundlage nach §12 Abs. 1 FernUSG zertifiziert werden. Für die Zertifizierung zuständig ist die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht oder kurz: ZFU.
Fernlehrgänge im Sinne des FernUSG müssen vorab durch die ZFU zugelassen werden. Sollte ein Vertrag eines Kursanbieters zustande gekommen sein, ohne dass die erforderliche Zulassung erteilt wurde, ist dieser nach §7 Abs. 1 FernUSG nichtig. Das bedeutet, dass ein Online-Kursbesucher sein Geld zurückverlangen kann, da eine rechtliche Grundlage dafür fehlt, dass der Anbieter das Geld behalten darf.
Um eine Zulassung zu erhalten kommt ein mehrstufiges Prüfungsverfahren der ZFU zur Anwendung. Die Prüfung umfasst:
Eine solche Zulassung zu bekommen ist teuer. In den meisten Fällen beträgt die Gebühr etwa 150% der Kursgebühr. So würde beispielsweise alleine die Zulassung eines Kurses für 8.000€ nochmals 12.000€ alleine für die Zertifizierung kosten.
Ein Verstoß gegen die Zertifizierungspflicht kann gravierende Folgen haben, da ein Risiko für Rückforderungen besteht. Bisher sind Experten davon ausgegangen, dass eine ZFU-Zulassung nur für Kurse zwischen Unternehmen und Verbrauchern, also B2C besteht.
Worum ging es bei dem Gerichtsurteil? Hintergrund ist eine Klage zu einer Geld-Rückforderung eines Teilnehmers im Rahmen eines Online-Coachingvertrages im Umfang von rund 47.600€. Dieser Kurs sollte ein 9-monatiges Online-Business-Mentoring mit Videos, Live-Calls sowie Betreuung beinhalten. Aufgrund einer vorzeitigen Kündigung verlangte der Teilnehmer das bisher gezahlte Geld von rund 23.800€ zurück. Da der Anbieter die Rückzahlung verweigerte, hat nun schließlich das BGH die vorherige Entscheidung des OLG Stuttgart bestätigt.
Aufsehenerregend ist dabei die Begründung des Gerichts:
Dieser Umstand macht den Vertrag, wie oben schon beschrieben, nichtig. Allerdings argumentierte der Beklagte, dass der Kläger als Unternehmer handelte und das FernUSG nur für Verbraucher gelte. Der BGH hat diesem Argument ausdrücklich widersprochen! Laut BGH gilt dieses Gesetz für alle Teilnehmer solcher Kurse, unabhängig davon ob der Kurs privat oder beruflich genutzt wird. Ein Schutzbedürfnis besteht also auch für Unternehmer, da die Qualität eines Fernlehrgangs vorher nur schwer zu beurteilen sei.
Mehr Informationen zu dem Urteil
Das Urteil des BGH kann man als richtungsweisend für eine ganze Branche auffassen. Doch welche Konsequenzen kann das Urteil nun mit sich bringen? Aus unserer Sicht wird das Urteil einen großen Impact haben und einige Auswirkungen mit sich bringen:
Der BGH hat deutlich gemacht, dass es nicht auf die Bezeichnung eines Angebots als Coaching / Mentoring oder Unterricht ankommt, sondern auf den Inhalt. Sobald systematisch Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden und keine reine Beratung im Vordergrund steht, ist von Fernunterricht auszugehen.
Darüber hinaus werden auch die Hürden für Lernerfolgskontrollen drastisch reduziert. So reicht es laut BGH bereits, wenn eine vertraglich zugesicherte Möglichkeit besteht, Fragen zum Lehrgangsstoff zu stellen. Das kann beispielsweise schon durch Live-Calls, E-Mails oder „Hausaufgaben“ gegeben sein. Somit fallen nahezu alle gängigen Coaching-Formate mit Gruppen-Calls oder Betreuung unter diese Regelung.
Anbieter werden sich nicht mehr darauf berufen können, ihre Angebote ausschließlich an Selbstständige oder Unternehmer zu verkaufen, um das Zulassungsverfahren zu umgehen. Hier hatte der BGH einer Einschränkung des Anwendungsbereichs auf B2C eine klare Absage erteilt.
Ohne Zulassung durch das ZFU, ist ein Vertrag von Anfang an nichtig. Kunden besitzen in diesem Fall einen Rückforderungsanspruch und können jederzeit das Geld zurückverlangen.
Für Anbieter wird es in diesem Fall auch sehr schwer bis unmöglich gemacht einen Wertersatz für erbrachte Leistungen einzufordern. Hier hat der BGH bestätigt, dass ein Anbieter nachweisen muss, dass ein Kunde durch die Leistung anderweitige Ausgaben für einen vergleichbaren, zugelassenen Kurs erspart hat. Es ist nicht unmöglich, aber ein hohes Risiko auf Kosten sitzen zu bleiben, besteht dennoch.
Anbieter mit entsprechenden Programmen haben nun zwei Möglichkeiten.
Zum einen kann eine Zulassung bei der ZFU beantragt werden, was mit hohen Kosten, Zeit und bürokratischem Aufwand verbunden ist.
Die zweite Möglichkeit ist die Anpassung des Programmdesigns. Damit das Angebot nicht mehr unter das FernUSG fällt, müsste auf Elemente wie vorstrukturierte Lehrpläne, Lehrvideos, Gruppen-Calls mit Wissensvermittlung und Hausaufgaben verzichtet werden. Wenn sich das Programm stattdessen auf eine rein individuelle, prozessoffene Beratung konzentriert, muss keine Zulassung beantragt werden.
Neben den Kursen selbst, kann auch die Werbung und bestehende Verträge betroffen sein, da bereits Bezeichnungen, wie „Wissensvermittlung“, „Know-How“ oder auch das Versprechen konkreter Lernerfolge auf die Anwendbarkeit des FernUSG hindeuten können. Eine genauere Analyse und kritische Betrachtung der Verträge sind daher notwendig.
Das Urteil zwingt die Online-Coaching- und Mentoring-Branche zu einer Professionalisierung. Anbieter können nicht länger in einer rechtlichen Grauzone agieren. Sie müssen ihre Angebote entweder dem strengen Zulassungsverfahren unterwerfen oder ihr Geschäftsmodell so radikal ändern, dass es den Charakter der Wissensvermittlung verliert. Für Kunden (sowohl Verbraucher als auch Unternehmer) stärkt das Urteil die Rechte massiv und eröffnet die Möglichkeit, bei unzufriedenstellenden oder nicht zugelassenen Kursen ihr Geld zurückzufordern. Es ist mit einer Welle von Überprüfungen bestehender Verträge und potenziellen Klagen zu rechnen.
Rechtliche Unsicherheit? Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie am besten können – wir kümmern uns um den Rest. Die Anpassung Ihres Kursangebots an die neue Rechtslage ist eine große Herausforderung. Wir unterstützen Sie genau dort, wo Sie uns brauchen:
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Weitere Erläuterungen zu dem Thema finden Sie beispielsweise in diesem Video:
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Quellen:
Dieser Beitrag wurde mit Hilfe von KI erstellt.